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Donnerstag, 27. März 2014

Textfragment Gesichtsverlust (Eskalationsstufe 5)

Frau König ist Kundin. Langjährig und wichtig genug, um über das übliche Maß die gemeinsame Beziehung zu pflegen. Frau König legt großen Wert auf Werte für die sie bereit ist, sofern sie anforderungsgerecht gewürdigt werden, über das übliche Maß hinaus zu zahlen. "Geschäftsbeziehungen sind auch Beziehungen," meint sie augenzwinkernd," ich will mich verlassen können, nicht beschissen und ein wenig hofiert werden, wie es eben einer Dame zusteht!"
Irritiert legt sie nun ihr Telefon zur Seite. Sie lehnt sich zurück- Ihre Stirn verrät ihr Grübeln. Verlässlichkeit ist ihr wichtig und diese scheint nun in Gefahr zu geraten. Nichts hatte bisher den Eindruck hinterlassen, dass ihr "sich verlassen wollen" enttäuscht worden wäre. Das ihrem Wunsch nach Rückmeldung nicht immer sofort Folge geleistet wurde, führte sie bisher auf die erfreuliche Auftragslage ihres Geschäftspartners zurück. Ging ihr plötzlich ein Licht auf? In einem anderen, bisher unbedachten Licht betrachtet könnte sie durchaus Nachlässigkeit und Unzuverlässigkeit entdecken. Einleuchtend sind plötzlich die Worte die sie am Telefon vernommen hatte. Auf ihre grübelnde Stirn legen sich erste Sorgenfalten, die sie immer bekommt, wenn sich in ihr starke Zweifel zu regen beginnen. Hätte sie sich so in ihm täuschen können? Sie schätzt seine fachliche Kompetenz, seine Ideen, die sie bisher äußerst gewinnbringend für sich nutzen konnte um jetzt dahinter zu kommen, dass er ein Luftikus ist, einer, der seine Arbeit und schlimmer noch, sie als Kundin mit ihren Anliegen nicht ernst genug nimmt? Die Worte aus dem Telefon klingen nach und entfalten ihre Wirkung. Waren es Warnungen? Wurde sie von ihr vor ihm gewarnt? Sie überlegte. Wie schlimm muss es sein, wenn die eigene Kollegin subtile Hinweise liefert, wie es um die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit steht. Frau König setzt sich auf und schlägt die Beine übereinander. Sie will sich nicht länger irritieren lassen und auf Nummer sicher gehen. Schließlich geht es ums Geschäft, um ihr Lebenswerk, welches unter keinen Umständen in Gefahr geraten darf. Dafür hatte sie zu hart gekämpft um sich jetzt Probleme mit einem unzuverlässigen Mitarbeiter eines Geschäftspartners aufzuhalsen. Sie klappt ihren Laptop auf und beginnt ein Mail zu verfassen:

Sehr geehrter Geschäftspartner,
Lieber Freund!

Ich bitte Dich, meine Agenden per Sofort jemanden anderen aus Deiner Mannschaft zuzuweisen. Ich war bisher mit der Leistung zufrieden, gleichzeitig möchte ich sicherstellen, dass meine Anliegen von Deinen zuverlässigsten Mitarbeitern bearbeitet werden. Ich habe den Eindruck, dass ich mich derzeit nicht im gewohnten Maß verlassen kann und Du weißt, wie wichtig das in unserem Geschäft ist. Im Sinne einer weiterführenden Zusammenarbeit hoffe ich auf Deine umgehende Umsetzung.

Geschätzte Grüße

Dein Kunde ist König

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