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Freitag, 6. Dezember 2013

Textfragment Heiss

Zwei Körper ineinander verkeilt drängen einander durch den Raum. Hände die verzweifelt nach Halt suchen  zerren an Hemd, T-Shirt und Haar. Laut keuchend, das Radio übertönend, schrauben sie sich entlang der Küchenzeile. Das Drehen und Wenden nimmt keine Rücksicht auf Teller und Gläser. Klirrend zerbärsten sie am Küchenboden. Hände und Arme schützen und wehren zugleich. Die Macht zu erlangen ist oberstes Ziel. Der Wunsch jedes Einzelnen die Oberhand zu gewinnen wird durch das Winden das anderen im Aufkeimen erstickt. Es riecht nach Schweiß, der durch jede Pore der Körper dringt. Sichtlich hinterlässt er Spuren an der ungeordneten Kleidung. Die schnaubende Masse drängt sich in die Ecke der Küchenzeile um in der Unausweichlichkeit des Raums zu eskalieren. Schallend trifft die Hand die Wange. Der Streich hinterlässt eine Ahnung von Zielsicherheit und Intensität. Das Keuchen wird zum Wimmern. Speichel und Tränen verrinnen zu einer salzig klebrigen Konsistenz die sich auf Hand und Wange verteilt. "Halt`s Maul du Drecksau!" der gepresste Versuch das Wimmern zu kontrollieren scheitert an der Unkontrollierbarkeit der Laute. Der Griff ins schweißnasse Haar, das Ziehen daran, eröffnet den Blick auf das verzerrte Gesicht, das den nächsten Treffer erwartet. Verzweifelte Tritte ins Leere versuchen das Schicksal zu ihren Gunsten abzuwenden. Die zur Faust geballte Hand gräbt sich tief in das Gesicht. Das Knacken des Jochbeins wird übertönt vom Gerangel der Flüche. "Sei still!" Der Wunsch nach Ruhe erfüllt sich nach einem heftigen Stoß. Die Arme eben noch hoffnungsvoll abwehrend umschlingen nun den gekrümmten Körper. Der feste Griff ins Haar fixiert den Kopf und lässt den Körper nicht zu Boden sinken. In der Sekunde der Erwartung ergibt sich das Gesicht, die Lippen und Augenlieder ineinander gepresst. Kein Blick, kein Ton soll Wiederwort geben. Und in der Ausweglosigkeit des Moments den erahnten Schmerz erträglich machen. Der Griff ins Haar löst sich und gibt den Körper frei. Der sehnsuchtsvoll erwartete Küchenboden wird zum Ort der Erlösung. Ein letzter Blick trifft auf den unaufhaltsam herannahenden Tritt. "Schau nicht so! Du wolltest ja reden!"

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