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Freitag, 4. Juli 2014

Textfragment Positionenrodeo

Positionenreiterei ist mühsam und stößt unweigerlich an Grenzen, wenn es um ein Auflösen der vorherrschenden Situation geht, im Sinne von nichts bleibt mehr zwischen uns - schon gar kein schaler Nachgeschmack. Meist verebben diese Scheingefechte aus Überdruss über das "Nicht gehört geschweige denn verstanden zu werden". Autistisch anmutende Selbstgespräche verflechten sich zu einer Diskussion, in der ausschließlich gesagt wird. Mit Anspruch an Wahrheit und dem Wunsch dieser Rechnung zu tragen, indem sie zur gemeinsamen Wahrheit wird, setzt sich nichts durch, was den Anschein einer geteilten Ansicht erwecken könnte. Geteilte Wahrheit ist nur die halbe Wahrheit und der Anspruch des Absoluten ginge damit automatisch verloren.

Man verwehrt sich das Zuhören, selbst wenn man stumm auf die eigene Redezeit wartet, die im Anschluss des Vorredners mit all dem ausgefüllt werden soll, was man sich fein säuberlich zurecht gelegt hat. Natürlich während der andere seinen Wortschwall über die Situation ausgegossen hat.
Nichts wird nachgefragt. Hinter jedem Satz steht Punkt wie Rufzeichen, dass mit Nachdruck dem anderen verdeutlichen soll, wie dringlich und wesentlich das Vorgebrachte einem selbst ist. Ungeachtet der Rufzeichen zuvor, wird eines nach dem anderen darauf gesetzt, bis sich eine dicke Schicht aus Notwendigkeiten wie eine Mauer zwischen den beiden Kontrahenten auftürmt. Spätestens jetzt wird nicht nur nichts gehört sondern auch nichts mehr gesehen. Verschwunden ist die Person, die man unter anderen Umständen als durchaus begutachtenswert empfunden hätte. Verschwunden ist die Flexibilität der eigenen Vorstellungskraft, die durchaus in der Lage wäre, das Rufzeichen des Gegenübers als Bedürfnis wahrzunehmen. Gefesselt durch die eigene Argumentationskette fühl man sich an bereits Vorgebrachtes gebunden. Entbindung wäre eine schmerzlicher Einschnitt, der vielleicht der Diskussion, aber nicht dem eigenen Hochmut in Hinblick auf das Innehaben der Wahrheit, gut tun würde.

Was bleibt ist Bitterkeit über die Abwesenheit der eigenen Überzeugungskraft und der Verfestigung der Annahme, dass das Gegenüber tatsächlich ein Idiot sein muss. Schließlich ließ sich dieser trotz schlagfertiger Argumente nicht vom Gegenteil überzeugen. Ein Idiot eben, der nichts, geschweige denn einen selbst versteht.

So klar, so einfach und ich nicke, während ich schreibe. Wissend durch die Beobachtung anderer - unwissend in vielen Diskussionen, in denen ich selbst Positionenrodeo reite und mit meinen Argumenten auf die Schnauze fliege...

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