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Samstag, 12. April 2014

Textfragment Mehr von demselben

Der Verzicht verzichtet nicht auf meine Aufmerksamkeit. Das, wofür er für mich steht, das Weglassen von "Mehr von demselben", zieht meine Gedanken auf sich, verbraucht meine Geduld mit mir selbst aus dem Umstand heraus, dass es mir schwer fällt darauf zu verzichten. Ich handle mich durch meine Gedankenwelt und scheitere an der scheinbar unüberwindbaren Mauer "Ich will nicht!" die mir den Blick auf das dahinter, eine durch mich reduzierte Landschaft, verwehrt. Aus der ersten Euphorie durch Verzicht mein Leben leichter, entkoppelter zu gestalten um mich meiner eigene Souveränität, deren Erreichen für mich zu den erstrebenswertesten Ziele in meinem Leben zählt, ein Stück näher zu bringen, wird, je länger ich mich darin vertiefe, eine bittere Pille, die ich kaum zu schlucken vermag. Gäbe es eine Medizin gegen diese Art von Schluckbeschwerden, ich würde sie aus meiner Klarheit heraus einnehmen, um den Schlüssel des "Nicht brauchen" endlich in Händen halten zu können, der, neben anderen Schlüsseln auf meinem Schlüsselbund, das Tor zu meinem selbstbestimmten Leben aufschließen wird. Die Auseinandersetzung mit Verzicht stellt mich auf die Probe und mir die Frage, wofür das "Mehr von demselben" überhaupt steht? Ich beobachte an mir, wie leicht es mir in vielen Bereichen fällt, die Übersteigerung der Bedürfnisbefriedigung wegzulassen. Nicht, weil es mir der Verstand und meine Ethik gebietet. Es geschieht aus dem Umstand heraus, dass das, was es ausgleichen soll schon mit weniger auszugleichen ist. In diesem Fall kann ich nicht mehr von Verzicht sprechen - ich lasse es weg ohne innere Aufregung, die mir zu verstehen gibt: "ich brauch noch etwas, damit ich befriedigt bin!" Die Gelegenheit aus dem Vollen zu schöpfen nutze ich nicht mehr und ich bemerke, wie leicht es gelingt. Gleichzeitig stehe ich vor einem Berg von Schuhen, deren Anzahl ich kaum noch zu schätzen vermag. Nachdem ich nur zwei Füße und eine Hand voll erklärter Lieblingsfarben habe, erklärt sich dieser Haufen vor mir leider nicht. Der Gedanke daran, sich auch nur von einem Paar zu trennen oder womöglich die nächsten 50 Jahre auf den Erwerb von neuen zu verzichten, denn so viel Zeit würde das Verbrauchen des Bestandes in Anspruch nehmen, bereitet mir Herzzerbrechen. Das Bedürfnis nach sauberen, warmen Füßen wäre mit weit weniger zu erfüllen und selbst der Umstand, dass mir Ästhetik wichtig ist und ich den Wunsch habe, mein Beinkleid mit meiner Oberbekleidung farblich abzustimmen erklärt noch immer nicht, weshalb ich gezählte 13 Paar rote Schuhen besitze, die sich 1.) farblich kaum unterscheiden 2.) sich nur in 2 Absatzhöhen unterscheiden und 3.) ungetragen in der Ecke stehen. In Anbetracht dieser Schuhüberflussmisere und aus dem Umstand heraus, dass ich mich an den Gedanken der Trennung und der Unterbindung einer weiteren Anhäufung nicht gewöhnen kann, wird mir klar, dass das "Mehr von demselben" für sich für etwas in mir steht, das wenig mit Schuhen und deren ursprünglichen Zweck in Zusammenhang steht. Offensichtlich ist dieses noch ungeklärte Bedürfnis in einem Mangelzustand, der mich sagen lässt: "Ich will nicht!" Ich behaupte, wenn mir die Identifizierung gelingt, wird es mir möglich sein, mein Verzichten in ein "Weglassen von" zu transformieren, welches völlig schmerzlos von statten gehen wird sofern ich andere Möglichkeiten wahrnehme, die den gleichen Effekt wie Damenschuhe mit sich bringen. Die Quitessenz liegt im Erkennen, dass trotz jedweder Logik, das "Mehr von demselben" genau unter die Bedürfnislupe genommen werden muss. Es steht nicht zwangsläufig für den Mangel, der mit weniger davon behoben werden kann. Es steht für sich und benötigt, um auf das "Mehr von demselben" verzichten zu können, Alternativen zur Befriedigung!

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