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Sonntag, 23. März 2014

Märchenstunde - Der Riese und der Zwerg

Als die Tiger noch Pfeife rauchten lebten in unseren Breiten ein Riese und ein Zwerg. Der Riese war vermutlich der Größte unter den Riesen und der Zwerg betonte, mit Sicherheit der Kleinste unter den Zwergen zu sein. Beide waren besonders stolz auf ihre Erscheinung und betrachteten ihre eigene Körpergröße als das Maß aller Dinge. Es braucht uns nicht zu verwundern, dass sich die beiden nicht riechen konnten! Bei jeder Gelegenheit kehrten sie die Vorzüge der eigenen Größe hervor und machten sich über die Größe des anderen lustig. Wenn sie sich nicht aus dem Weg gehen konnten oder zufällig aufeinander trafen, endete es meist in einem handfesten Streit, der durch das Gebrülle des Riesen landauf landab nicht zu überhören war. Sein zorniges Stampfen ließ die Erde erbeben und der Zwerg versprühte Gift und Galle, bis kein Gras mehr wuchs. Der Riese schnaubte: "Der Größte zu sein ist das Größte! Wenn man so groß ist wie ich, hat man den totalen Überblick! Jeder hat Respekt und wenn mir einer nicht passt, fresse ich ihn einfach auf. Du jedoch kriechst auf der Erde. Alle sehen auf dich herab. Keiner hört dich, keiner sieht dich. Du bist so unwesentlich, dass du nichts bewegen kannst. Du machst dich lächerlich, wenn du auf deine Winzigkeit auch noch stolz bist!" Der Zwerg entgegnete:" Das kann nur einer behaupten, der durch seine Größe das Wesentliche übersieht! Du bist so weit weg, dass du keine Feinheiten erkennst. Hänge rutschen, indem ich einen Stein ins Rollen bringe. Ich gebrauche meinen Verstand! Wenn das Wetter umschlägt bleibe ich trocken, während du im Regen stehen bleiben musst. Ich bin wendig und flexibel, was man von dir nicht behaupten kann! Bis du dich in Bewegung bringst vergeht eine halbe Ewigkeit! Gib zu, dass ich durch meine Größe im Vorteil bin!" Sie brüllten aufeinander ein und keiner hörte mehr, was der andere zu sagen hatte. Sie schrien so laut, dass es den Anschein erweckte, als wollten sie die ganze Welt von ihren Vorzügen überzeugen um gleichzeitig den Irrglauben des anderen der Lächerlichkeit preisgeben. Plötzlich mischte sich die sonst so gute Fee in das Geschehen ein. Offensichtlich genervt schwang sie drohend ihren Zauberstab und sprach:" Ihr mit eurem Gezänk stört meine Ruhe! Alles um euch herum gerät in Unfrieden und ihr merkt es nicht! So lange ihr streitet spielt es keine Rolle ob ihr groß oder klein seid, welche Vorzüge ihr habt oder eben nicht. Niemand hier hält euch noch eine Minute länger aus! Deshalb zaubere ich euch jetzt weg!" Gesagt, getan und weg waren sie.  Obwohl die sonst so gute Fee bedauerte, auf den Überblick des Riesens und die Flexibilität des Zwergs verzichten zu müssen, war sie erleichtert die Streithähne endlich los zu sein. Der Riese und der Zwerg wurden seither nie wieder gesehen.


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