Alles zerbrochen. Ich betrachte den Scherbenhaufen. Was sich in mir ausbreitet ist mein Leben. Oder vielmehr das, was von ihm übrig bliebt. Es ist mir aus den Händen geglitten und durch das Gehen lassen am Boden der Tatsachen zerborsten. "Die scharfen Kanten verletzen mich, wenn ich nicht behutsam daran gehe, Ordnung zu schaffen!" denke ich. Ich nehme die erste Scherbe in die Hand und suche das dazugehörende Gegenstück. Ich bin routiniert, wenn es darum geht, alles wieder zusammen zu setzen um es beim nächsten Mal wieder in die Ecke zu feuern. Bisher war es mir immer gelungen, jedes Bruchstück an das andere zu fügen. Damit es wieder so ist, wie es war. Ich versuche zu kleben, zu kitten, Unwiederbringliches auszufüllen um es annähernd so aussehen zu lassen wie zuvor. Leider nie mit dem gewünschten Erfolg. Die notwendige Stabilität ging im abwechselnden Zerwerfen und Zusammensetzten verloren. Unansehnlich wurde die Oberfläche, die ihre Narben und Risse zur Schau stellt und mir ständig vor Augen hält, dass das, wessen ich mich entledigen wollte, sich letztlich nicht abschütteln lässt.
Ich habe es satt, immer wieder in diese nervenaufreibende Situation zu geraten. Ich halte einen Moment Inne und überlege. Das, wonach ich jetzt strebe, nämlich nach dem wie es war, bevor alles in Scherben liegt, führt mich unweigerlich wieder genau dort hin, wo ich jetzt bin. Beim Auflesen und Zusammensetzen. Wenn ich nach genau den selben Mustern und meinen Regeln der Kunst daran gehe, stehe ich in kürzester Zeit wieder genau da und nichts hat sich verändert. Gleichzeitig ist es die Vorhersehbarkeit, das Vertraute, das mich bisher davor abhielt, etwas an meinem Verhalten zu ändern. Auch jetzt beschleicht mich die Furcht vor dem Ungewissen, die mich bisher zu altbekannten Mustern greifen ließ. "Und jetzt erst recht!" denke ich, genervt von der Angsthaberei, genervt vom ewig selben. Ich überlege nicht mehr, wie es war, was wohin gehört. Ich füge zusammen, wovon ich glaube, dass es jetzt passt und morgen vielleicht noch passen könnte. Ich versuche nicht zu kaschieren oder abzudecken. Ich werfe über Bord, hole herein und halte es aus, wenn sich etwas widerspricht. Ich erkenne mich, das Material aus dem es ist, ich erkenne so manche Struktur die ich selbst verleihe und die bewusst gewählt wurde, um Stabilität zu gewährleisten. Ich bin überrascht von dem, was hier und jetzt entsteht, neugierig darauf es zu entdecken und zu beobachten, wie es auf mich um mich wirkt. Ich lasse es offen und weiß, dass ich es jederzeit in die Ecke feuern kann.
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