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Sonntag, 2. Februar 2014
Textfragment Identität
Die Verkleidungsindustrie, hat das ganze Jahr Hochsaison! Mit ihrem Versprechen, Identität zu stiften, fordern sie mich heraus, meine eigene zu entsorgen um ein Sein anzunehmen, dass an Design das Leben übertrifft. Die eigene Identität, die in ihrer Glanzlosigkeit den Zeitgeist überlebt hat, wird als chancenlos am Markt der Eitelkeiten bewertet. Und dort findet es statt, das Leben, von dem mir Glauben gemacht wird, dass es meinem Wunsch nach Glück die lang ersehnte Erfüllung bringt. Hier findet das Finden statt, wonach sich meine Suche seit Jahren aufreibt. Hier kann ich etwas sein, ohne mir die Mühe zu machen, es zu werden. Alles hat Blickfangcharakter, ohne den Anspruch an Bestand. Im Gegenteil - Bestand würde die Wandelbarkeit, die Flexibilität immer neue Identitäten annehmen zu können, untergraben. Und schließlich wird genau das verlangt. Ich bin gerne die Plakatwand, die es jederzeit neu zu bekleben gilt, je nachdem, was der Allgemeingeschmack, also das Leben, von mir fordert. Ich kann alles sein. Keine körperliche Ertüchtigung schafft es, mich derart sportlich elegant werden zu lassen, indem ich das Auto fahre, dass dieses Image verspricht. Durch mich übernommen, wird es zu meiner persönlichen Wahrheit, die mir durch den Markt der Eitelkeiten widerhallend bestätigt wird. Ich bin den Besitz los und werde zum Inhaber, der ausschließlich den Anpassungswunsch in seinem Bestand hat. Situativ bin ich, wenn ich mich in Schale werfe um mich den Gegebenheiten anzupassen, die Identitäten verlangen, die ich in der Mannigfaltigkeit nie selbst sein kann. Früher war ich, heute bin ich alles, ohne es zu sein! Ich schaffe den Spagat zwischen perfekter Hausfrau, liebevoller Mutter, erfolgreiche Geschäftsfrau und Sexmaschine. Ich habe mir jedes einzelne Image zugelegt. Ich putze mit dem entsprechenden Putzmittel, füttere mein Kind mit den entsprechenden Nahrungsmittel, benutze den entsprechenden Laptop, trage die entsprechende Unterwäsche. Es reicht das Mäntelchen überzustreifen um im nächsten Moment einen neuen darüber zu ziehen. Ich verstecke mein ausdrucksloses Gesicht hinter der Maske der Lebendigkeit, die der Markt von uns fordert, um im gegenseitigen betrachten der lebenden Masken dem trügerischen Eindruck von Leben zu erliegen. Das Gesicht an sich erfüllt diesen Anspruch schon lange nicht mehr. Denn wo es nichts mehr auszudrücken gibt, hinterlässt nichts mehr Eindruck.
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