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Donnerstag, 30. Januar 2014

Textfragment Meinung

Beim Einkaufen bin ich richtig pingelig. Jedes Produkt wird auf seine Inhaltsstoffe hin überprüft. Ich hab mein Handy immer zur Stelle, wenn es darum geht, die mir gänzlich unbekannten Bezeichnungen auf ihre Verträglichkeit hin zu überprüfen, indem ich diverse Konsumentenschutzforen durchforste. Es ist mir wichtig, zu wissen, woraus die Nahrungskette meiner Familie besteht und was ich ihr zumute, da ich darüber entscheide, ob ich ihnen dieses oder jenes vorsetze. Woraus es besteht bestimmt seine Wirkung! Davon bin ich grundsätzlich überzeugt.

Stopp! Ich habe dir meine Meinung vorgesetzt! Ohne zu wissen, woraus sie besteht! Dabei bin ich ja grundsätzlich überzeugt, dass der Inhalt für die Wirkung verantwortlich ist! Und bei Meinungen wird es sich nicht anders verhalten - vermute ich. Ich solle nicht so pingelig sein? Wenn ich bedenke, wie oft ich meine Meinung kundtue im Gegensatz dazu, wie selten ich meiner Familie Halb- und Fertigprodukte vorsetze, macht es durchaus Sinn, meine Meinungen auf Inhalt zu überprüfen:
1.) Ich entdecke jede Menge Erfahrung. Je mehr umso fester bin ich offensichtlich von etwas überzeugt. Vielleicht liegt genau darin die Sturköpfigkeit begründet, die mich bei so manchem Meinungsaustausch mit Eltern und Großeltern nervt? Wodurch, in welcher Form und vor allem von wem dieser Erfahrungsschatz zusammengetragen wurde, lässt sich schicht und ergreifend nicht mehr sagen.
2.) Ich entdecke eine Expertenmeinung. Ich kenne zwar den Experten nicht, geschweige denn, dass ich dessen Expertenstatus und die dazugehörige Meinung auf Inhalt überprüft hätte. Es reicht mir, dass ich es irgendwo gelesen oder gehört habe. Experten brauche ich nicht überprüfen - wofür sind sie den sonst Experten - egal ob selbst ernannt oder durch andere dazu gemacht!
3.) Und da gibt es einen allgemeinen Tenor! Wow - etwas das alle sagen! Worauf die Allgemeinheit Bezug nimmt, entzieht sich gänzlich einer Überprüfung! Wenn es jedoch alle sagen, muss es stimmen - wie könnten sonst so viele einer Meinung sein?
4.) Dann entdecke ich ein Bauchgefühl. Daraus besteht ein beträchtlichen Teil meiner Meinung. Das gute alte Bauchgefühl, von dem alle sagen, dass man sich darauf verlassen soll. Ich spüre, dass es aus vielen Gefühlen besteht, die sich zusammenfinden um sich in Summe gut oder schlecht anzufühlen. Gehe ich mir nach, entdecke ich Angst, Unsicherheit, Resignation, Zorn, Enttäuschung - wenn es sich schlecht anfühlt. Wenn es sich gut anfühlt kann ich Freude, Sicherheit, Sympathie ausmachen. Ich weiß nicht, woher das ganze kommt. Ich nehme an, es ist eine Eingebung von wem auch immer, vielleicht ein Wissen, das über das Wissen hinaus geht, etwas göttlich Spirituelles oder einfach der Hunger, der den Magen unruhig werden lässt. Was es mit dem zu tun hat, wozu ich eine Meinung habe, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Es ist eben ein Bauchgefühl, dass allein schon durch das unreflektierte Wahrnehmen, argumentativ unschlagbar wird. Manchmal reicht es, wenn ich sage: "Es fühlt sich einfach nicht gut an..." um meinen Standpunkt einzuzementieren und mein Gegenüber zu entwaffnen.

Ich merke, dass meine Meinung - besonders wenn sie schnell aus dem Mund schießt - genau zu untersuchen ist! Sie sagt vermutlich mehr über mich, als über das, wozu sie eine Meinung hat. Gäbe es sie zu kaufen - ich würde sie im Regal stehen lassen. Wenn ich nicht weiß, was drinnen ist, setze ich sie niemanden vor!

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