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Dienstag, 24. Dezember 2013

Textfragment Erinnerung

Erleichtert lehne ich mich zurück. Die letzte Nacht kaum geschlafen, stellt sich jetzt eine Müdigkeit ein, die meinen Körper ganz in Beschlag nimmt. In meinem Kopf wird mein Geist flüchtig. Das erdrückende Gefühl in meinem Bauch ist seit einer Stunde kaum noch spürbar und macht Platz für das erste Hungergefühl seit Tagen. In mir herrscht friedliche Eintracht. Ein Zustand, den ich unter weniger belastenden Umständen als neutral, jetzt als absolutes Glücksgefühl wahrnehme. Ich schließe meine Augen, meine innerliche Ruhe genießend. Jetzt ist es leicht und vorüber. Die Aufregung, die Trauer der letzten Tage habe ich hinter mich gebracht. Wissend, dass es nicht vorbei ist. Das erledigte, abgehackte Fest stand unter dem Motto:  die womöglich letzte gemeinsame Weihnacht!  Der Gedanke, dass sie nächstes Jahr nicht mehr dabei sein könnte, nahm mir jegliche Chance auch nur eine Sekunde davon zu genießen. Zu groß war meine Sorge, dass Frust und Trauer über die vorherrschende Situation meine Erinnerung an dieses Fest trüben könnte. Nichts wurde angesprochen, nichts wurde ausgesprochen. Sprachlos war das Vakuum, dass seinen Platz einforderte und unersättlich immer mehr von meiner Kraft verzehrte. Es war so wie immer und ganz anders. Jede Sekunde des bedeutungsschwangeren Tages war ich darauf bedacht, möglichst viel für die Zeit danach für mich zu konservieren. Wie sie roch, wie sie mich ansah, wie sie mich in den Arm nahm. An diesem womöglich letzten gemeinsamen Fest. Ich habe den Gedanken daran, die Angst vor dem Verlust, riesig werden lassen. Übermächtig habe ich ihn mit meiner Ohnmacht gemästet und ihm meine Tränen zum nachspülen angeboten. Und so stand er, dieser zentnerschwere Gedanke, ungebeten zwischen mir und allem anderen. Ich konnte weder sehen noch riechen, geschweige denn fühlen. Nichts konnte durch diesen Riesen der sich an mir festkrallte durchdringen. Erst nach der Verabschiedung ließ er von mir los und blieb im Stiegenhaus zurück, wie jegliche Erinnerung an diese womöglich letzte gemeinsame Weihnacht.
Erleichtert lehne ich mich zurück. Die letzte Nacht kaum geschlafen stellt sich jetzt eine Müdigkeit ein, die meinen Körper ganz in Beschlag nimmt. In meinem Kopf wird mein Geist flüchtig....

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